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Björn Schülke: Wunderkammer

Vernissage am Sonntag, den 13. September 2015 um 16 Uhr

Begrüßung: Dr. Klaus-Michael Döll – Einführung: Dr. Dietmar Schuth

Ausstellungsdauer bis 11. Oktober – Öffnungszeiten: Sa + So 15-18 Uhr

Mit dem Kölner Künstler Björn Schülke (*1967) zeigt der Kunstverein Worms einen jüngeren Vertreter der Kinetischen Kunst. Seine Objekte sind absurde Maschinen, die an vergleichbare Objekte eines Jean Tinguely erinnern, so doch viel futuristischer erscheinen und mit Materialien des High-Tech-Zeitalters gebaut sind. Sie sind gleichermaßen technisch wie ästhetisch reizvoll und evozieren gerne sehr verwirrende Gefühle. Eine seiner täuschend echten Überwachungsdrohnen (siehe Titelbild) war bereits 2012 im ‚Wormser‘ zu sehen. Die bisher größte Arbeit „Space Observer“ schuf er für den San José International Airport, USA. In Worms werden vor allem frühe Arbeiten gezeigt, die die Entwicklung seiner gleichermaßen ernsten wie spielerischen Kunst anschaulich machen.

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www.schuelke.org

 

Florian Süssmayr

Florian Süssmayr zeigt: Beirut, Jonestown, Beverly Hills u.a.

Vernissage am 19. Juli 2015 um 16 Uhr im Kunstverein Worms – Renzstr. 7-9

Begrüßung: Dr. Dietmar Schuth – Einführung: Albert Ostermaier

Öffnungszeiten: Mi 18-20, Fr-So 15-18 Uhr

Laufzeit bis 16. 8. 2015. Eintritt frei!

Der Kunstverein Worms freut sich über eine neue Kooperation mit den Nibelungen-Festspielen. 2015 ist der Autor Albert Ostermaier auch für das Beiprogramm verantwortlich und hat den Münchner Künstler Florian Süssmayr zu einer Ausstellung im Kunstverein eingeladen. Dieser hat sich vom Titel der aktuellen Festspielinszenierung inspirieren lassen und zeigt in seinen gemalten Bildern und Fotoprints die „Gemetzel“ unserer Zeit. Dazu gehören das durch einen endlosen Bürgerkrieg zerrüttete Beirut im Libanon, das durch den Massensuizid einer amerikanischen Sekte 1978 bekannt gewordene Jonestown in Guyana und Beverly Hills in Californien, wo 1969 Sharon Tate durch die Satanisten-Sekte des Charles Manson ermordet wurde.

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Lisa Huber: Schnitte

10. Mai bis 7. Juni 2015

Lisa Huber wurde 1959 in Kärnten geboren und studierte an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien und an der Kunsthochschule Berlin. Sie pendelt heute zwischen ihrer ländlichen Heimat und der Großstadt Berlin. Aus dem vielfältigen Werk der Künstlerin zeigt der Kunstverein eine Serie grandioser Holzschnitte auf Papier. Die Motive sind oft animalisch und setzten unsere Reihe zum Thema Tier fort, wobei vor allem Raubtiere in exotischen Farben und ornamentalen Formen dominieren. Hinzu kommen Bilder zum Thema Tanz, Jazz u.a.m.

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Julius Grünewald

Das Feld, das hört

Vernissage am 29. März 2015 um 16 Uhr
im Kunstverein Worms Renzstraße 7-9

Begrüßung Dr. Klaus-Michael Döll
Einführung Dr. Dietmar Schuth
Ausstellungsdauer bis 26. April
Öffnungszeiten: Sa + So 15-18 Uhr

Der 1965 in Worms geborene Julius Grünewald ist sicherlich einer der interessantesten Maler in Rheinland-Pfalz. Nach seinem Studium an der Akademie in Karlsruhe und vielen Jahren in Berlin, lebt er jetzt wieder häufiger in seiner Heimat Osthofen. Die Bildwelt der eigenen Kindheit war immer wieder Thema seiner Malerei wie das Interieur seines Elternhauses. Ein anderes Thema war die Jagd, die er früher selbst miterlebt hat. In den 1990er Jahren entstand so eine Reihe von Wildschweinen. Aktuell ist eine Serie von Feldhasen, die Grünewald in virtuoser Malerei und einem erdigen Kolorit zu porträtieren versteht.

Ein Katalog erscheint nach der Ausstellung.

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SUSANNE NEISS

MISSING – 26. Oktober bis 23. November –

Auf Anregung des Förderkreises deutsch-amerikanischer Freundschaft Worms-Mobile und des Kunstvereins Worms wurde ein Reisestipendium von der Stadt Worms gestiftet. Die in Worms aufgewachsene und heute in Mannheim lebende Fotografin Susanne Neiss war im Sommer in Mobile (Alabama) und wird nun im Kunstverein einige künstlerischen Ergebnisse dieser Reise präsentieren. Dazu kommen aktuelle und ältere Arbeiten,die in der Bretagne und anderswo entstanden sind und die poetische Wahrnehmung der Künstlerin zwischen Realität und Abstraktion vorstellen werden.

 

Katalogtexte:

Missing

Die US-amerikanische Partnerstadt der Stadt Worms ist Mobile in Alabama, 1702 von Franzosen gegründet. Kaum ein Wormser hatte je die Möglichkeit, die Stadt am Golf von Mexiko kennen zu lernen. Umso schöner ist die Initiative von Richard Claus, dem Sprecher des Freundeskreises deutsch-amerikanischer Freundschaft Worms-Mobile, Künstler beider Städte miteinander bekannt zu machen und einen Austausch anzuregen. Vor drei Jahren wurde der Kunstverein Worms angesprochen und konnte mit Susanne Neiss eine in Worms aufgewachsene Künstlerin empfehlen, die sich auf das Abenteuer einlassen wollte, die erste zu sein.

Die Stadt Worms, namentlich ihr Kulturkoordinator Volker Gallé, waren von diesem Projekt ebenfalls sehr angetan und spendierten der Künstlerin den Flug. Susanne Neiss war also 2013 in Mobile, hat dort viele Kunstfreunde kennen gelernt, KünstlerInnen wie auch KunsthistorikerInnen, insbesondere an der University of South Alabama , wo sie Vorträge und Workshops hielt und eine Ausstellung ihrer Fotografien im ‚Departement of Art‘ der Universität präsentieren konnte. Ein Jahr später zeigt nun der Kunstverein Worms einen Teil dieser Ausstellung, die Serie „Ysland“ wie auch eine kleine Serie von Fotografien, die in den USA entstanden sind, mit dem Titel „Missing“.

Missing bedeutet „fehlen“, „vermissen“, „verschwunden“ – als Adjektiv wie auch als Substantiv. Namensgeber ist eine Fotografie von Susanne Neiss, die eine Fehlstelle an einer Wand zeigt, an der einmal ein Bild hing, ein Schatten also, eine Spur. Diese Blicke auf marginale Motive am Rande der Realität sind sehr typisch für die in Mannheim lebende Künstlerin. So hat sie natürlich auch keine Sight-seeing-Fotos aus den USA mitgebracht. Lediglich ein Park mit subtropischer Vegetation und wundersamen Lichtstimmungen hat sie als Erinnerungsbilder geschossen. Vielmehr liebt sie die poetischen Streiflichter, die lyrischen Wahrnehmungen im Vorbeigehen, die keine Oberflächen ablichten wollen, sondern eher innere als äußere Bilder darstellen. So schreibt Susanne Neiss: „Es geht mir um Gefühle, die man verdrängt hat, die aber im Verborgenen ihre Macht entfalten. Wo sind Gefühle und Erinnerungsbilder, wenn wir sie verdrängen? Können Gefühle und Bilder, die einmal zusammen gehört haben, auseinander fallen? Können Gefühle an Stellen auftauchen, wo sie ’nicht hingehören‘?“

Susanne Neiss bereist die Welt, zeigt uns in diesem Katalog auch Bilder aus der Bretagne und solche aus den USA, die aber letztlich überall entstanden sein könnten. Denn die Künstlerin macht introspektive Bilder, in denen sie über all zu Hause ist. Dazu gehören auch Fotos, die nichts erzählen, keine erkennbaren Motive abbilden, sondern gegenstandslos erscheinen und höchstens als Lichtreflexe zu identifizieren sind. Hier wird das Emotionale besonders deutlich, weil Gefühle meistens undeutlich sind, und sich kaum in Worte fassen lassen. Gefühle artikulieren sich ästhetisch als freie Farb- und Formkreationen, sind malerische Motive, die man an fremden Orten entdecken kann, und doch schon lange in sich selbst herumgetragen hat.

Dr. Dietmar Schuth

 

ysland

Der Name „ysland“ ist ein Wortspiel aus „Island“ und „Ys“, der Sage von einer untergegangenen Stadt in der Bretagne. Eine Insel kann sowohl für positiven Schutz stehen als auch für eine ungute Isolation. Hier blickt man zunächst auf etwas, das wie ein zerschossenes Fort aussieht, man weiß nicht aus welcher vergangenen Zeit das Gemäuer stammt, aufgenommen ist das Bild im militärischen Sperrgebiet, in der Bucht liegen französische Atom-U-Boote.

Man kann sich vorstellen, über die Brücke auf die Insel zu gelangen, auf der einem merkwürdige Dinge begegnen können: ein versteinerter Schuh, ein Autowrack. Gab es hier einen Unfall? Die nächsten beiden Bilder erscheinen wie ein Abtauchen in Gefühle, man stößt auf eine eigenartige Form, eine Puppe in einem Luftballon, und eine Vogelscheuche mit zwei Köpfen. Irgendetwas scheint hier mit der Abgrenzung durcheinander geraten zu sein.

Die Farbflächen auf schwarzem Hintergrund sind Aufnahmen fluoreszierender Steine unter Schwarzlicht, bei dem sich Strukturen zeigen, die unter normalen Licht verborgen bleiben. Die Steine vom Anfang sind nun in Farbe verwandelt. Das Bild des Kinderschwimmrings danach ist wie ein rettender Wirbel, der vielleicht etwas Neues ermöglicht, die gelbe Form danach, die Aufnahme eines Loches in einem Bauzaun lässt an einen aufsteigenden Vogel denken, was das Gefühl der Leichtigkeit und des Schwungs verstärkt.

Susanne Neiss

 

 

Marc Taschowsky

PITTI PLATSCH –

27.4. – 1.6.2014 –

Der 1972 in Frankfurt am Main geborene Marc Taschowsky studierte er an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und lebt seit einiger Zeit in Berlin. Seine Malerei und Plastik lässt sich als eine erfrischend neue und malerisch sehr virtuose Pop-Art bezeichnen, die ihre Motive wie einst ein Roy Lichtenstein aus Comics und anderen kindlichen Bildwelten bezieht. Dazu kommen scharfe Pin-up Girls oder Hollywood-Ikonen, aber auch Tiere und surreale Lebewesen, die sich in einer phantastischen Traumlandschaft zu einer gleichermaßen sinnlichen wie rätselhaften Kunst vereinen. Es ist ein Katalog erschienen.

Katalogtext:

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Kinder haben heutzutage eigene TV-Kanäle und Computerspiele und leben in einer phantastischen Bilderwelt, die von unzähligen Monstern, sprechenden Tieren und andere Gestalten bevölkert wird, die man konservativ als Puppen bezeichnen könnte. Noch vor 60-70 Jahren spielte kind in Deutschland fast ausschließlich mit echten Puppen und plüschigen Stofftieren und las die wenigen Kinderbücher der Eltern und Großeltern wie den ‚Struwwelpeter‘ oder ‚Max und Moritz‘. Doch in den 1950er Jahren verbreitete das Fernsehen neue Helden wie das ‚Sandmännchen‘, die Marionetten der  ‚Augsburger Puppenkiste‘, amerikanische Comics und Zeichentrickfilme von Walt Disney mit Mickey Mouse oder Donald Duck bis hin zu Tierfilmen mit Lassie, Flipper und Furi.

Das alles wird der 1971 geborene Marc Taschowsky kaum kennen, obgleich ein Oldie wie der gute alte Teddybär auch bei ihm noch lebendig ist. Seine hier vorgestellten Figuren sind etwas jünger: Biene Maya, Dinos, Frosch Kermit und andere Puppen aus der Sesamstraße bis hin zu Außerirdischen aus amerikanischen Science-fiction-Filmen der 80er Jahre. Umgekehrt sind einige dieser Figuren älteren Betrachtern nicht mehr geläufig. Ein spannendes Feld für die Ikonographie der Zukunft.

Spätestens seit Paul Klee spielen die Idole der Kindheit auch in der Kunst eine Rolle. Die Malerei der Moderne, insbesondere der Surrealismus, fand in der Regression ein scheinbar unverdorbenes Reservoire der Phantasie und echten Gefühle, die man in einer von Weltkriegen gebeutelten Welt als ein Refugium entdeckte. Ja, man kann sogar noch weiter zurückschauen und in der Romantik des 19. Jahrhunderts den Beginn dieser Entwicklung sehen. Die Hinwendung zu Märchenstoffen und infantilen Sehnsüchten äußerte sich in der Malerei, die sich beispielsweise bei einem Moritz von Schwind auch in einem bewusst naiven und kinderbunten Malstil entfaltete.

In diesem Sinne erscheinen die Bilder von Marc Taschowsky kunsthistorisch interessant, insbesondere ikonografisch. Denn seine Kinderfiguren sind nicht nur süße Zitate. Jede einzelne Figur kann als eine Art moderner Archetyp betrachtet werden, als guter oder böser Charakter, lustig, frech oder traurig. In den Augen eines Kindes sind sie als Identifikationsfiguren nicht anders als die vielen Teufel und Engel der mittelalterlichen Malerei. Vor allem die Tiere verkörpern (wie schon im Mittelalter) in der Bildwelt des Marc Taschowsky das Böse: Gorilla, Orka, Weißer Hai und Jaguar sind leibhaftige Angst und Gefahr. Auch die scheinbar süßen Helden wie Pinocchio oder Biene Maya sind nicht nur süß, sie verkörpern durchaus tragische Figuren. Der Mythos einer unschuldigen und lieblichen Kindheit ist wirklich nur ein Märchen.

Im Mittelalter galten Kinder als leichte Beute des Teufels. Der Kirchenvater Augustinus glaubte, dass Säuglinge in Sünde geboren werden, als Kinder der sündigen Fleischeslust von Mann und Frau, mehr als jeder Erwachsene mit der Erbsünde Adams und Evas behaftet. „Zudem sind sie laut, launisch, eifersüchtig und triebhaft. Schwach und unschuldig sind nur die kindlichen Glieder, nicht des Kindes Seele.“ Ein Jesusbild von Marc Taschowsky macht deutlich, dass auch er sich mit unserer christlichen Kultur beschäftigt und solche Vergleiche sinnvoll sind. Damit kommen wir zu einem zweiten ikonographischen Thema, das in den Bildern des Marc Taschowsky scheinbar völlig disparat zum ersten erscheint. Während der eine Teil als Comic für Kinder ab 4 Jahren frei gegeben ist, scheint der andere Teil für Betrachter unter 16 Jahren verboten.

Die Rede ist von der Sexualität, die in unserer Kultur schon immer aus biologischen wie auch moralischen Gründen möglichst lange von Kindern fern gehalten wird. Doch in den Bildern von Marc Taschowsky sieht man Affen, Frösche und Schnecken, die miteinander kopulieren oder Frauen, die sich auf Gummipuppen selbst befriedigen. Schöne Frauen, sexy wie die Sünde, beherrschen viele seiner Bilder. Sie erscheinen als Pin-up Girl beim Posing, als nasse Nymphen und feuchte Phantasie oder als eine Art Lara Croft. Doch es gibt auch unschuldige Mädchen, die mit einem Teddy tanzen, auf einer Schaukel träumen oder als unnahbare Schönheiten auf Distanz gehen. Schon Sigmund Freud wies darauf hin, dass der libidinöse Trieb des Menschen elementar ist und in sublimierter Form die wichtigste Triebkraft des Künstlers darstellt.

In Verbindung mit dem Rekurs auf die nur scheinbar unschuldige Welt der Kindheit entwirft Marc Taschowsky mit seinen Sexsymbolen bewusst oder unbewusst Allegorien auf Unschuld und Sünde, auf das Gute und Böse in dieser Welt, auf Liebe und Gewalt. Das kann man psychologisch betrachten, oder aber einfach als eine ungeheuer dynamische Malerei, die sich in virtuoser Maltechnik mit sinnlichen Farben und tachistischen Gesten in hohem Maße ästhetisch entfesselt und damit doch die von Freud geforderte Sublimierung einlöst.

Dr. Dietmar Schuth

Achim Freyer

MALER UND REGISSEUR –

13. Juli bis 17. August –  im Museum Heylshof + im Kunstverein –

Der große Theatermann und Maler Achim Freyer feierte dieses Jahr seinen 80. Geburtstag. Grund genug, ihn in einer Doppelausstellung zu ehren: Im Museum Heylshof dokumentiert das Nibelungenmuseum die Arbeit als Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner seiner zwei Ring-Inszenierungen in Los Angeles und Mannheim. Im Kunstverein Worms hingegen präsentiert Achim Freyer seine Malerei, ohne die seine einzigartige Bühnenkunst kaum zu verstehen ist. Das ganze Projekt ist eine Kooperation mit den Nibelungenfestspielen Worms und dem Nationaltheater Mannheim.

Katalogtext:

Achim Freyer – Maler und Regisseur

In diesem Jahre feierte der Berliner Künstler Achim Freyer seinen 80. Geburtstag. Als Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner für Schauspiel und Musiktheater ist er noch immer auf der ganzen Welt fast rastlos unterwegs. Er ist berühmt und hat dem Theater wahrlich neue ästhetische Dimensionen eröffnet. Wie kaum ein anderer hat er eine malerische Bildsprache auf die Theaterbühne gezaubert und seine zweidimensionalen Bilder in eine dritte und vierte Dimension versetzt. Seine Figuren sind der Leinwand entsprungen und agieren als reale Lebewesen auf der Bühne. Man denkt an den antiken Bildhauer Pygmalion aus den ‚Metamorphosen‘ des Ovid oder an Carlo Collodis ‚Pinnochio‘, der vor allem in Freyers Mannheimer ‚Siegfried‘ neu belebt wurde.

Seit 1956 ist Achim Freyer als Maler (und Bildhauer) freischaffend tätig und war als bildender Künstler u.a. an der documenta 6 und der documenta 8 in Kassel beteiligt. Manchen mag Freyers Malerei weniger bekannt sein, denn seine glänzende Theaterlaufbahn überstrahlt die Leistungen als Maler, so dass diese Kooperation zwischen Nibelungenmuseum, Nibelungenfestspielen, Museum Heylshof, Nationaltehater Mannheim und Kunstverein für viele eine Überraschung darstellen kann.

Seit mehr als 50 Jahren pflegt Freyer die Malerei als eine eigenständige Kunst, meist an seinem zweiten Wohnort in der südlichen Toskana. Hier entfaltet sich eine Bildwelt zwischen geometrischer Abstraktion und figurativer Assoziation. Oft hat man Freyers durchaus rätselhafte Kunst mit dem Neoexpressionismus der 1980er Jahre in Verbindung gebracht, die – einem A.R. Penck vergleichbar – nach den menschlichen Archetypen forscht und sich dabei einer atavistischen, vielleicht auch kindhaften Figuration bedient.

Dies gilt vor allem für die seit 1996 entstandenen ‚Köpfe‘, die in beiden Teilen der Ausstellung einen großen Platz einnehmen und sich – bis auf wenige freundliche Ausnahmen – als ein Pandämonium präsentieren. Im Museum Heylshof sind die Entwürfe zu den Figuren in Wagners Ring zu sehen, zu Wotan, Siegfried, Erda, Freia und all den anderen ‚Dämonen‘ seiner beiden Ring-Inszenierungen in Los Angeles (2009f) und Mannheim (2011f). Hinzu kommen Modelle, Ablaufpläne, Kostüme und Requisiten beider Inszenierungen. Im Kunstverein hingegen werden andere, anonyme, doch sehr verwandte Physiognomien gezeigt.

Darüber hinaus zeigt der Kunstverein die geometrisch-abstrakten Bilder Achim Freyers, die nicht unmittelbar mit Theaterproduktionen in Verbindung stehen, so doch durchaus mit Bühnenbildentwürfen vergleichbar sind. Hier ist der Mensch von der Bühne getreten, regieren Linien, Formen und Formen, die nur manchmal eine konkrete Lesbarkeit besitzen. Manche dieser Bilder sind als Landschaften zu erkennen mit Horizonten, Bäumen und Architekturen. Andere lassen sich als Interieurs ansprechen, in denen Fenster oder Mobiliar zu erkennen ist. Wiederum andere sind als Studie zu Licht und Farbe zu verstehen.

Besonders geheimnisvoll sind die gänzlich gegenstandsfreien Bilder von Achim Freyer, die den Betrachter mit Gesten und emotionalen Psychogrammen konfrontieren, die sich mit einfachen Sprachbegriffen nicht mehr umschreiben lassen. Hier ließe sich von einem abstrakten Expressionismus sprechen, der in den 1950er Jahren, der Jugend des Künstlers, in der westlichen Welt modern war.

Hilfreich ist bisweilen der Blick auf die Biografie des Künstlers, denn Achim Freyer hatte sich in der DDR der sozialistisch-realistischen Kunst verweigert und einer weit abstrakteren Kunst verschrieben. Diese wurde als ‚westlich‘ diskreditiert, obwohl sie ganz aus einer inneren Genese heraus geboren war. In diesem Sinne lassen sich manche abstrakte Motive Freyers biografisch deuten: Oft erscheinen meist schwarze oder graue Raster in seinen Bildern, die er selbst durchaus als politische Symbole versteht, weil sie ein in der DDR typisches Lebensgefühl zum Ausdruck bringen, den Zwang zur Konformität und den Verlust der individuellen Freiheit. Bilder also, die Gitter zeigen, können als Gefängnisgitter nachempfunden werden. Bilder die ein horizontales Streifenmuster vor Augen führen, können als eine monoton wiederholte Negationslinie verstanden werden, als Sperre und Barriere.

Ganz ohne Motive, Gesten und erzählerische Momente und damit ohne biografische oder gar politische Deutungsmöglichkeiten sind die rein geometrischen Bilder Achim Freyers. Da sind Zeichnungen, die sich stereometrisch in den Raum öffnen und wie Ideenskizzen zu Bühnenbildern anmuten. Das aber sind sie nicht. Man kann in ihnen vielmehr freie Studien erkennen, die mit der Zentralperspektive spielen und das Verhältnis zwischen Körper und Raum untersuchen. Hier könnte man von einem Konstruktivismus sprechen. Manche Zeichnungen erinnern an den Vater dieser Richtung, an Wladimir Tatlin und die Zeit, als einige wenige Künstler während und nach der russischen Revolution 1918 auch an eine ästhetische Revolution glaubten.

Wiederum andere geometrische Bilder Achim Freyers verleihen der Farbe das Supremat, während die lineare Konstruktion zurücktritt. Diese Bilder sind (wie viele andere Werke auch) nur mit ihrem Entstehungsdatum betitelt. Sie untersuchen die räumliche Wirkung von Farben, ihr subtiles Vor- und Zurückspringen, wobei Diagonalen in der Fläche der Leinwand Türen zu öffnen scheinen und den Blick auf eine imaginäre Bühne ziehen. Vergleicht man nun diese Bilder mit ganz konkreten Bühnenbildentwürfen Freyers, erkennt man auch hier – wie bei den Figuren – die große Verwandtschaft. Beide Sphären gehören bei Achim Freyer einfach zusammen, denn auch seine Bühnenwerke sind letztlich eine Art Malerei, die konstruktivistisches Kalkül und expressionistische Emotion auf unverwechselbare Weise miteinander vereinen.

Dr. Dietmar Schuth

 

 

Katalog 2002-2012

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10 Jahre Kunstverein Worms

50 Ausstellungen

75 Künstlerinnen und Künstler

1 Dokumentation

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